Endlich erfüllt arbeiten - Dein Podcast für Karriere und berufliches Ankommen

Transkript

Zurück zur Episode

00:00:00: Hallo und herzlich willkommen zu "Endlich erfüllt arbeiten", dein Podcast für Karriere

00:00:08: und berufliches Ankommen.

00:00:10: Mein Name ist Janike Störr und ich unterstütze Menschen dabei, ihren Platz in der Arbeitswelt

00:00:15: zu finden.

00:00:16: Ich habe heute die Persönlichkeitspsychologin Prof. Dr. Eva Asselmann zu Gast und gemeinsam

00:00:22: schauen wir darauf, was Persönlichkeit eigentlich ist, woraus sie besteht, wie man sie auch messen

00:00:27: kann.

00:00:28: Also wenn du dich gerne mit Persönlichkeits-Test auseinandersetzt und immer mal wieder guckst,

00:00:32: wer bist du eigentlich, welche Merkmale zeichnen dich aus, dann sollte diese Folge total spannend

00:00:38: für dich sein, weil du wissenschaftlich fundiert nochmal lernst, welches Modell sich besonders

00:00:41: gut eignet, um die Persönlichkeit darzulegen und wir schauen auf welche Ereignisse unsere

00:00:47: Persönlichkeit prägen können und mitunter unsere Persönlichkeit auch verändern.

00:00:51: Also freu dich auf eine Folge voller Einblicke in die Persönlichkeitstheorie.

00:00:55: Ich wünsche dir ganz viel Freude dabei, dein Janike.

00:00:58: Eva, erst mal schön, dass du heute da bist und zu Gast in meinem Podcast bist.

00:01:05: Ich möchte mit dir heute darüber sprechen, wie Lebensereignisse unsere Persönlichkeit

00:01:08: und auch unsere berufliche Laufbahn beeinflussen können und deswegen zum Start die Frage Persönlichkeit,

00:01:14: was ist das eigentlich?

00:01:15: Ja, danke dir für die Einladung.

00:01:18: Unter Persönlichkeit verstehen wir Merkmale im Denken führen und Verhalten, indem wir Menschen

00:01:25: uns voneinander unterscheiden.

00:01:27: Ein Beispiel wäre Extraversion.

00:01:29: Es gibt Menschen, die sind eher gesellig, die gehen aus sich heraus, die interagieren gerne

00:01:34: mit anderen Menschen und andere Menschen, die sind eher in sich gekehrt, die brauchen

00:01:38: Ruhe, viel Raum und Zeit für sich.

00:01:41: Du gehst ja in deinem Buch auch auf das Big Five Modell ein.

00:01:46: Kannst du das Konzept einmal erklären?

00:01:48: Also die Big Five sind fünf Grundlegende Merkmale unserer Persönlichkeit, mit denen man einen

00:01:53: sehr großen Anteil dieser individuellen Unterschiede erfassen beschreiben kann.

00:01:59: Denn es gibt ja super viele Merkmale, in denen sich Menschen potentiell voneinander unterscheiden.

00:02:04: Und diese Big Five, die bringen da sehr schön so eine Systematik rein.

00:02:08: Das sind die Merkmale Extraversion.

00:02:10: Das hatte ich ja gerade schon erläutert.

00:02:12: Dann Gewissenhaftigkeit, gewissenhafte Menschen, die sind ordentlich, die sind aufgeräumt,

00:02:18: pünktlich, zuverlässig.

00:02:19: Ich wohne gegen weniger gewissenhafte Menschen, die auch mal alle fünf Grad sein lassen und

00:02:25: sich da nicht so penibel an Regeln halten.

00:02:27: Dann haben wir die Verträglichkeit, verträgliche Menschen, die sind freundlich zu vorkommen,

00:02:31: die legen Wert auf Harmonie inzwischen menschlichen Beziehungen.

00:02:35: Und weniger verträgliche Menschen, denen ist das nicht so wichtig, die können auch mal

00:02:40: einen Streit vom Zaun brechen und offen heraus sagen, was sich stört.

00:02:44: Dann haben wir die Offenheit für neue Erfahrungen, die beschreiben, wie neugierig, wie visg,

00:02:51: begierig Personen sind, wie intellektuell aufgeschlossen.

00:02:54: Sehr offene Menschen, die setzen sich gerne auseinander mit neuen Themen, die bereisen

00:02:58: zum Beispiel gerne fremde Länder, probieren exotisches Essen aus und so weiter, wohingegen

00:03:04: weniger offene Personen sehr gerne konventionelle Dinge machen, sich da anders gewohnt erhalten,

00:03:09: was ihnen vertraut und lieb ist.

00:03:11: Und dann haben wir den Neurotizismus oder umgekehrt die emotionale Stabilität, emotionale

00:03:18: stabile Menschen, die sind stressresistent, die sind robust, die behalten auch in stressigen

00:03:23: Phasen einen kühlen Kopf, wohingegen weniger emotionale, stabile Menschen, die sind tendenziell

00:03:29: eher ängstlich, depressiv, die lassen sich eher triggern und nicht so leicht beruhigen,

00:03:35: sind also tendenziell stressanfälliger.

00:03:36: Jetzt sind es ja nur fünf Merkmale und wie würdest du das einordnen?

00:03:42: Also von meinem Gefühl her, wärst du, dass es doch krass ist, dass man anhand dieser

00:03:47: fünf Eigenschaften ja keine Menschen an sich beschreiben kann.

00:03:51: Würdest du sagen, dass trotzdem in diesen einzelnen Kategorien so viele Aspekte noch

00:03:55: mal drinstecken, dass man doch irgendwie ein Bild von der Persönlichkeit bekommt?

00:03:59: Also man muss da berücksichtigen, das sind wirklich nur die Grundzüge.

00:04:03: Es ist jetzt nicht ausreichend, diese Merkmale zu nehmen und dann ein komplexes Bild einer

00:04:08: Person zeichnen zu wollen.

00:04:09: Wenn wir jetzt ganz, ganz viele Merkmale hätten, dann wäre das schwer zu replizieren,

00:04:13: dann wären da vielleicht auch Merkmale dabei, die auf einzelne Personen nicht so zutreffen

00:04:16: oder wo es wenig Varianz gibt zwischen Menschen.

00:04:19: Also das hier ist wirklich nur die Basis und es gibt noch ganz, ganz viele weitere Eigenschaften,

00:04:23: die wir auch betrachten in der Persönlichkeitspsychologie, zum Beispiel so was wie Fähigkeiten,

00:04:29: Intelligenz, Kreativität, emotionale Kompetenzen, dann so was wie zielewerte Normen von Menschen,

00:04:35: aber auch so was wie das Selbstwertgefühl, die Selbstwirksamkeitserwartung und so weiter

00:04:39: und so fort.

00:04:40: Also da gibt es noch ganz, ganz viele andere Merkmale, die man sich halt spezifisch anschauen

00:04:44: könnte.

00:04:45: Und man kann auch innerhalb dieser Big Five-Merkmale nochmal differenzieren.

00:04:48: Auf Facetten-Ebene, da gibt es auch noch so Untermerkmale, die kennzeichnen sind für

00:04:54: diese einzelnen Big Five-Merkmale.

00:04:56: Und werden wir mit unserer Persönlichkeit geboren oder entwickelt die sich durch Prägungen

00:05:01: oder ist es eine Mischung oder gibt es noch ganz andere Faktoren?

00:05:04: Wie entsteht diese Persönlichkeit, die wir haben?

00:05:07: Das ist wie bei, ich würde sagen, allen anderen psychologischen Merkmalen auch.

00:05:12: Es ist immer beides.

00:05:13: Also ein gewisser Anteil, der ist genetisch bedingt.

00:05:16: Wir unterscheiden uns von Hause aus aufgrund unseres Genmaterials darin, wie wir sind,

00:05:22: zumindest zu einem gewissen Maße.

00:05:24: Ein Teil wird aber auch bestimmt durch unsere Umwelt, wie wir aufwachsen.

00:05:28: Einmal die häusliche Umgebung, wie sind zum Beispiel unsere Eltern mit uns umgegangen,

00:05:32: in welchem Elternhaus sind wir groß geworden.

00:05:34: Dann aber auch die weitere Umwelt, die im Laufe des Lebens immer relevanter wird.

00:05:39: Zum Beispiel die Schulfreund in Peers, andere wichtige Bezugspersonen, dann später der

00:05:45: Freundeskreis, das prüfliche Umfeld und so weiter.

00:05:49: Das bedeutet ja im Prinzip, dass sie sich auch immer weiterentwickeln kann?

00:05:52: Ganz genau.

00:05:53: Also wir hören ja niemals auf, im Leben Erfahrung zu machen.

00:05:57: Und das bedeutet dann im Umkehrschluss quasi, dass wir uns persönlich auch immer weiterentwickeln,

00:06:03: was ja sehr schön ist.

00:06:04: Man dachte noch vor einiger Zeit, dass unsere Persönlichkeit irgendwann ausgereift ist,

00:06:09: somit 18, 19, 20, ähnlich auch wie der Körper, der dann irgendwann aufhört zu wachsen.

00:06:13: Wir wissen aber mittlerweile, dass dem nicht so ist.

00:06:15: Unsere Persönlichkeit verändern sich ein Leben lang vom Kindesalter bis zum hohen Erwachsenenalter.

00:06:22: Wie würdest du sagen, prägt unsere Persönlichkeit auch unsere Arbeit, also Ausbildung, Beruf,

00:06:29: unsere berufliche Laufbahn?

00:06:30: Auf jeden Fall gibt es da Interaktion.

00:06:34: Zum einen beeinflusst unsere Persönlichkeit welche beruflichen Erfahrungen wir machen.

00:06:39: Das bezeichnen wir auch als Selektionseffekt.

00:06:41: Also wir selektieren uns in Abhängigkeit von unserer Persönlichkeit in ein bestimmtes

00:06:46: berufliches Umfeld.

00:06:47: Wenn ich zum Beispiel sehr extravertiert bin, gerne auf der Bühne stehe, dann entscheide

00:06:52: ich vielleicht aufgrund dessen, dass ich Schauspielerin werde.

00:06:55: Ich selektiere mich dann also persönlich bedingt in dieses Schauspiel-Umfeld hinein.

00:06:59: Und wenn ich das überhaupt nicht mag, wenn ich Vorträge hasse, wenn ich Angst habe von

00:07:04: anderen Menschen zu sprechen, dann werde ich wahrscheinlich genau das Gegenteil versuchen

00:07:07: und mir einen Job suchen, wo ich genau das nicht machen muss.

00:07:10: Also in Abhängigkeit von unseren Neigungen, Persönlichkeitsmerkmalen, Interessen usw.

00:07:15: Suchen wir uns in der Regel etwas, was uns entspricht.

00:07:18: Wir wissen auch, dass das hilfreich ist, dass Menschen also deren Persönlichkeit gut zum

00:07:23: Job zu den Anforderungen passt, dass die in der Regel erfolgreicher sind und auch glücklicher.

00:07:30: Und dann ist es gleichzeitig aber auch so, dass die beruflichen Erfahrungen dieses Umfeld,

00:07:35: in dem wir tagtäglich sind, dass die uns wiederum prägen und beeinflussen.

00:07:40: Das bezeichnen wir dann als Sozialisationseffekt.

00:07:44: Wir werden quasi sozialisiert durch unsere berufliche Umwelt.

00:07:47: Wenn ich jeden Tag bei der Arbeit pünktlich erscheinen muss, ich muss mich adrett anziehen,

00:07:52: freundlich sein zu den Kolleginnen, mit Arbeitenden usw. und so fort, dann werde ich wahrscheinlich

00:07:56: mit der Zeit professionell an meinem Verhalten.

00:07:59: Ich werde gewissenhafter vielleicht und dann würde mich das prägend angefustig.

00:08:03: Wobei das ja nicht bedeuten muss, dass ich mich so sehr anpasse, dass ich zudem werde,

00:08:08: in welchem Kontext ich bin.

00:08:10: Ich glaube, das hat auch Grenzen.

00:08:11: Da hat es ja auch angesprochen, dass es diese genetischen Faktoren gibt und ich stell mir

00:08:14: vor, dass die sicherlich wenig veränderlich sind und dass diese Anpassungen sicherlich

00:08:20: auch Grenzen hat.

00:08:21: Ja, genau, diese Effekte sind tendenziell eher klein bis moderat ausgeprägt.

00:08:26: Also unwahrscheinlich, wenn ich von Hause aus eher introvertiert bin, dass ich dann zu totalen

00:08:31: Rampensau mutiere.

00:08:32: Das kann aber natürlich schon sein, dass ich mir gewisse Verhaltensweisen antrainiere,

00:08:36: z.B. dann spreche, obwohl mir eigentlich nicht danach ist.

00:08:38: Du hattest gerade ein total tolles Beispiel, mit dem ich direkt eine Coachee von mir verbunden

00:08:43: habe.

00:08:44: Und zwar hast du gesagt, extra Version könnte ein Faktor sein, aufgrund dessen ich mich

00:08:48: für die Karriere als Schauspielerin oder Schauspieler entscheide.

00:08:51: Und ich hatte eine Coachee, die super Schüchtern war als Kind.

00:08:55: Und die ist dann mit 14, 15, 16 nach Amerika gegangen und hat dort ganz andere Erfahrungen

00:09:02: gemacht, war in einem ganz anderen Umfeld.

00:09:04: Und sie hat ihre Schüchternheit überwunden, konnte mehr aus sich herausgehen und hat jetzt

00:09:09: in meinem Kurs auch die Idee Schauspielerin zu werden.

00:09:12: Das ist nur etwas, was sie austesten möchte, neben anderen Ideen.

00:09:16: Aber dass diese berufliche Option auf dem Tisch liegt, ist absolut dem Umstand zuzuschreiben

00:09:22: aus meiner Sicht, dass sie damals nach Amerika gegangen ist, weil das ihr geholfen hat, sich

00:09:26: nochmal neu zu erleben.

00:09:28: Und das zeigt eigentlich ganz gut, was du gerade beschrieben hast, dass Umstände auch

00:09:33: dazu führen können oder unsere Umwelt, dass wir uns eben anders entwickeln.

00:09:36: Ja, absolut.

00:09:37: Da ist Schüchternheit auch ein sehr gutes Beispiel.

00:09:40: Auch da gibt es sehr schöne Längenschnittstudien, wie wir das nennen, wo also Kinder über einen

00:09:46: Langzeitraum untersucht wurden.

00:09:48: Und lange Zeit dachte man auch, dass dieses Merkmal der Schüchternheit, die man in der

00:09:52: Regel schon frühm Leben beobachten kann, dass sie relativ stabil ist.

00:09:55: Da gehen wir davon aus, dass das ein Temperamentsmerkmal ist, was eine hohe genetische Basis hat.

00:10:00: Was das bedeuten würde, wenn ich als kleines Kind schon sehr schüchtern bin, dann behalte

00:10:04: ich das bei und dann ist das noch beobachtbar bis ins hohe Erwachsenen alter.

00:10:07: Und da gibt es aber Studien, die zeigen, dass diese Stabilität doch nicht so groß ist

00:10:12: und dass es doch schon einen substanziellen Anteil gibt von Personen, die als Kind sehr

00:10:16: schüchtern sind und als Erwachsene dann eben nicht mehr.

00:10:18: Und da spielen natürlich solche Erfahrungen eine große Rolle, gerade Ängstlichkeit, Gehemmtheit.

00:10:24: Das kann man sehr gut trainieren, dass ich immer wieder bestimmte Umfelder aufsuche,

00:10:30: in denen ich gehemmt bin und mir das quasi antrainiere und erlerne mich, also immer wieder

00:10:34: konfrontiere mit diesen ungewunden für mich unangenehmen Situationen und dann lerne diese

00:10:39: Hemmung, die Schüchtern halt die Zurückhaltung abzulegen.

00:10:43: Was toll ist, weil dadurch ja neue Möglichkeiten für mich sich eröffnen und wir neue Seiten

00:10:50: an uns entdecken.

00:10:51: Das muss nicht so sein, also wenn jemand schüchtern ist und es passt, dann alles gut.

00:10:54: Aber wenn jemand das Gefühl hat, da gibt es noch eine Sehnsucht in mir und ich möchte

00:10:58: der eigentlich nachgehen, dann ist das, finde ich, ein toller Weg, um sich da auch neu kennenzulernen,

00:11:03: neue Stärke auch zu entwickeln und ja den Weg für sich frei zu machen.

00:11:08: Absolut.

00:11:09: Und wer offen ist, also wer aus sich herausgeht und immer wieder neue Situationen aufsucht,

00:11:15: die er oder sie so noch nicht kennt, also wenn man sich immer wieder neue Erlebnisse holt,

00:11:21: dann kann das ein unheimlich schöner Treiber sein für die Persönlichkeitsentwicklung.

00:11:25: Kennst du schon meinen wöchentlichen Newsletter "3 Minuten für deine Karriere"?

00:11:30: Jeden Montag verschicke ich zum Start in die Woche einen Impuls, eine Fragestellung, die

00:11:36: dich beruflich voranbringt.

00:11:38: Lesbar in maximal drei Minuten.

00:11:40: Wenn du dich der Community von mittlerweile über 4.000 Menschen anschließen möchtest,

00:11:46: die sich jeden Montag in aller Kürze zum Start in die Woche mit dem Thema berufliche

00:11:52: Erfüllung auseinandersetzen, dann melde dich sehr gerne an, auf meiner Webseite unter

00:11:57: Janikgestör.com/newsletter Den Link findest du auch noch einmal in den

00:12:03: Shownotes.

00:12:04: Ich freu mich, wenn du dabei bist und nächste Woche schon die ersten.

00:12:07: Frage Stellung. Für dich reflektierst. Jetzt geht's zurück zur Folge. Viel Freude dabei, dein Janikke.

00:12:14: In deinem Buch schreibst du ja auch darüber, wie Lebensereignisse unsere Persönlichkeit prägen.

00:12:19: Welche Lebensereignisse haben deiner Forschung nach denn den größten Einfluss auf unsere

00:12:24: berufliche Laufbahn? Wir haben uns in dem Buch vor allen Dingen angeschaut, welchen Effekt verschiedene

00:12:28: Lebensereignisse auf die Persönlichkeit haben. Und da haben wir berufliche und private Ereignisse

00:12:34: miteinander verglichen und konnten zeigen, dass der Einfluss von beruflichen Ereignissen sehr

00:12:39: viel größer ist als von privaten. Zum Beispiel haben wir uns angeschaut, die Geburt eines Kindes

00:12:44: versus den Berufseinstieg. Und gerade bei der Geburt eines Kindes würden unheimlich viele Eltern

00:12:50: sagen, Mensch, dieses Ereignisse, das hat mein Leben komplett auf den Kopf gestellt. Ich bin

00:12:54: jetzt ein komplett anderer Mensch, mein Alltag ist ein ganz anderer. Ich bin nicht mehr so, wie ich

00:12:59: vorher immer war. Und das zeigt die Forschung so nicht. Tatsächlich verändert sich die Persönlichkeit

00:13:05: relativ wenig durch die Geburt eines Kindes. Sehr viel prägendere Effekte scheint es beim

00:13:10: Berufseinstieg zu geben. Da konnten wir zum Beispiel zeigen bei tausenden jungen Erwachsenen,

00:13:15: die ins Berufsleben eingestiegen sind, dass die nach diesem Ereignis deutlich gewissenhafter,

00:13:21: extravertierter und auch verträglicher waren als in den Jahren davor wahrscheinlich, weil sie damit

00:13:26: sehr klaren Rollenanforderungen und Erwartungen konfrontiert sind. Und diese Rollenanforderungen,

00:13:32: diese Erwartungen, denen sie tagtäglich versuchen gerecht zu werden, dann einen Einfluss auf ihre

00:13:37: Persönlichkeit haben. Ich erinnere mich noch, wie das bei mir war. Ich habe ja eine Ausbildung gemacht

00:13:42: in einem Automobilkonzern und ich weiß noch mal, mein erster Job, das war im Prinzip das Gleiche,

00:13:47: wie ich vorher gemacht habe. Aber allein, dass ich plötzlich die Verantwortung hatte,

00:13:51: hat so einen Unterschied gemacht und ich habe mich so anders gefühlt und auch die Anforderungen ganz

00:13:55: anders gespürt. Das erinnere ich noch als sehr einprägsam und auch herausfordern. Also es war

00:14:01: aber ein gutes Schritt auf jeden Fall. Ja, sehr cool. Kannst du Beispiele nennen, wie bestimmte

00:14:06: Ereignisse, wie zum Beispiel Heirat, Eltern scharf oder der Verlust eines nahestehenden

00:14:10: Menschen, berufliche Veränderungen oder Entscheidungen beeinflussen? Also bei Berufseinsteigenden ist

00:14:17: es ja häufig so, die müssen tagtäglich bei der Arbeit erscheinen, sich gut anziehen,

00:14:21: irgendwie nett sein gegenüber anderen und all das kann dazu führen, dass sie zum Beispiel

00:14:25: gewissenhafter werden oder auch verträglicher, wenn ich immer freundlich zu anderen sein muss,

00:14:29: zum Beispiel im Kunden- oder Co-Chic-Kontakt, wo ich hingegen als Studentin vorher diese

00:14:35: Anforderungen vielleicht so noch nicht habe, sondern da eher so in den Tag hinein lebe,

00:14:40: wenn ich gerade die Prüfungsphase ist, viele Freunde treffe, viele andere Dinge machen. Also

00:14:44: durch diese beruflichen Anforderungen, die dazukommen, zumindest vermuten wir das,

00:14:48: verändert sich dann unsere Persönlichkeit. Wir versuchen uns quasi anzupassen an diese

00:14:53: neuen Rollenanforderungen, die Erwartungen an unser Verhalten und wenn wir das tun über

00:14:58: einen langen Zeitraum, dann sollte sich das in die Persönlichkeit einschleifen. Nun kann man sich ja

00:15:03: die Frage stellen, warum verändert sich denn die Persönlichkeit zu wenig bei der Geburt eines

00:15:07: Kindes und das könnte damit zusammenhängen, dass die Anforderungen mehr werden oder sich auch

00:15:13: unterscheiden, je nach Kontext. Also wenn ich dann ein Kind habe, muss ich mich ja auch tagtäglich

00:15:18: darum kümmern, das kostet Zeit, das kostet Energie, das kostet Ressourcen und ich habe dann

00:15:23: vielleicht nicht mehr die Energie für den Haushalt oder für die Arbeit und bin dann nicht mehr ganz

00:15:27: so perfektionistisch unterwegs, wie ich das vorher immer war. Das könnte zum Beispiel erklären,

00:15:31: warum junge Eltern nach der Geburt eines Kindes im Schnitt nicht gewissenhafter werden, sondern

00:15:37: die Gewissenhaftigkeit ja relativ unverändert bleibt, wenn man einfach in verschiedenen Lebensbereichen

00:15:44: unterschiedliche Anforderungen hat oder sich da auf unterschiedliche Art und Weise verändert.

00:15:48: Würdest du sagen, gibt es Persönlichkeitsmerkmale, die besonders anfällig für Veränderungen sind?

00:15:54: Ja, zum Beispiel so Merkmale, die sehr verhaltensnah sind wie Extraversion, das ist etwas,

00:16:02: das sich sehr stark ausdrückt in der Art und Weise, wie wir uns verhalten gegenüber anderen

00:16:06: Menschen. Das kann man leicht von außen beobachten. Es ist eine Person, die viel Rede, die dominant ist,

00:16:11: die aus sich herausgeht, die in Gruppendiskussionen wortführend ist, wohingegen man andere Merkmale

00:16:17: nicht unbedingt beobachten kann, zum Beispiel emotionale Stabilität. Ich erkenne ja nicht

00:16:22: unbedingt, ob eine Person gerade gehemmt ist, ängstlich, deprimiert, vielleicht schon, wenn

00:16:27: sie diese Gefühle nach außen in sehr sichtbar Zeit, aber nicht unbedingt. Also es ist ein Merkmal,

00:16:32: was häufig eher verborgen ist. Und gerade diese verhaltensnahen Merkmale, die können sich dann

00:16:37: auch eher verändern, wohingegen ich Dinge wie Ängstigkeit oder Stressresistenz, da kann ich

00:16:43: natürlich auch daran arbeiten. Das macht man jetzt zum Beispiel im Rahmen von Coachings oder

00:16:48: auch Psychotherapien, aber die kann ich nur indirekt beeinflussen. Ich kann mir jetzt nicht

00:16:52: vornehmen, ab morgen bin ich Stressresistenzer, sondern ich kann mir bestimmte Strategien oder

00:16:57: auch Denkweisen, die kann ich mir sukzessive antrainieren, mit dem Ziel dann irgendwann

00:17:01: Stressresistenzer zu werden. Und was würdest du sagen, inwiefern können diese Veränderungen in

00:17:07: den Persönlichkeitsmerkmalen unserer berufliche Zufriedenheit und auch unseren Erfolg beeinflussen?

00:17:11: Letzten Endes passen wir uns ja an an die Umwelt, in der wir sind. Und das kann dann wiederum dazu

00:17:19: führen, dass wir da auch erfolgreicher sind. Also wenn ich zum Beispiel irgendwo anfange und ich

00:17:23: muss dann immer ganz viele überzeugende Präsentationen halten, zum Beispiel, weil ich etwas verkaufe,

00:17:28: dann bekomme ich da mit der Zeit immer mehr Routine, meine Vorträge werden besser, ich

00:17:33: bleibe gelassener, überzeugender, auch wenn jemand meine kritische Frage hat, gewinne also immer

00:17:38: mehr Erfahrung und werde dann besser in dem, was ich da tue. Das kann man im Laufe des Berufslebens

00:17:43: immer weiter ausbauen, trainieren durch gezielte Fortbildungen, Weiterbildungen, durch die ganz

00:17:47: normale tägliche Routine, aber auch immer mal wieder durch einen Jobwechsel oder auch eine

00:17:52: Rotation, dass ich wieder neue Skills erwerbe und mein Verhaltens- und Erfahrungsrepert war mit der

00:17:58: Zeit immer weiter verfeinere. Und dann werde ich, wenn alles gut läuft und ich das auch möchte,

00:18:04: immer besser, dann kann es sein, dass ich immer weiter aufsteige. Und was würdest du sagen,

00:18:09: wenn wir jetzt ein einschneidendes Lebensereignis haben, wie können wir damit umgehen, um unsere

00:18:15: persönliche und berufliche Entwicklung auch positiv zu beeinflussen? Viele Ereignisse,

00:18:21: die kündigen sicher an. Also es gibt Dinge, die sieht man nicht kommen, zum Beispiel im

00:18:25: plötzlicher Unfall oder Tod einer Person, so Schicksalsschläge, die einen überkommen oder

00:18:29: vielleicht auch wenn ich morgen gekündigt werde und das war nicht vorhersehbar. Aber viele andere

00:18:34: Dinge, die kann man sehr gut antizipieren, zum Beispiel den Berufseinschlieg, da weiß man ja in

00:18:39: der Rekkel dann und dann werde ich meine Ausbildung abschließen. Dann kann man sich vorher schon

00:18:43: rechtzeitig überlegen, was möchte ich denn eigentlich machen? Kann dann da zum Beispiel

00:18:48: hospitieren, Praktika machen, sich informieren, mit Personen sprechen, Bewerbungen vorbereiten

00:18:53: und so weiter, um dann irgendwann einen guten Einstieg zu finden. Also diese Vorbereitung,

00:18:58: denke ich, ist sehr wichtig und auch der Austausch mit anderen Menschen, die diese

00:19:01: Erfahrung schon gemacht haben. Man könnte zum Beispiel über professionelle Plattformen mit

00:19:06: anderen Personen in der Branche ins Gespräch kommen und die fragen, Mensch, was machst du denn eigentlich

00:19:11: bei deinem Job? Kannst du mir irgendwelche Tipps oder wertvollen Hinweise geben und sich dann ja

00:19:16: darüber informieren? Eva, was würdest du sagen, welche Strategien und Maßnahmen kannst du denn

00:19:21: empfehlen, um auf herausfordernde Lebensereignisse zu reagieren bzw. gestärkt hervorzugehen?

00:19:27: Ich hatte neulich das Thema Resilienz auch im Podcast. Also was würdest du sagen, außer die

00:19:32: Vorbereitung, aber ich würde sagen, vielleicht geht es doch eher um die Schicksalsschläge,

00:19:35: die Dinge, die wir nicht kommen sehen. Hast du da auch nochmal Strategien und Maßnahmen damit umzugehen?

00:19:41: Also diese Strategien unterscheiden sich natürlich in Abhängigkeit davon, was ich da erlebe. Aber

00:19:49: was ich immer hilfreich finde, ist, wenn man da ressourcenorientiert dran geht. Sich also überlegt,

00:19:54: was sind dann meine ganz persönlichen Assets, meine Stärken, was macht mich aus und wie kann

00:19:58: ich die nutzen in dieser Situation gerade. Und was auch immer ganz wichtig ist, gerade bei Schicksalsschlägen

00:20:04: ist soziale Unterstützung. Das muss gar nicht viele Personen sein, aber vielleicht ein, zwei

00:20:10: Menschen habe, mit denen ich ganz, ganz eng bin, wo ich das Gefühl habe, die hören mir zu, die nehmen

00:20:15: sich Zeit für mich, bei denen kann ich mich aussprechen, die sind für mich da, ich kann mich

00:20:20: mitteilen. Da ist jemand, bei dem ich mich anlehnen kann, der oder die mich unterstützt. Also diese

00:20:25: andere Person, die muss nicht unbedingt gleich die Lösung auf den Silber-Tabletts servieren. Es geht

00:20:30: eher darum, dass man das gefühlt hat. Ich habe hier ja emotionalen Rückhalt für die Situation. Da

00:20:35: wissen wir auch aus Studien, dass das ein ganz, ganz wichtiger, kraftvoller Faktor ist, diese soziale

00:20:40: Unterstützung gerade in Krisensituationen. Würdest du sagen, es macht Sinn, sich mit der

00:20:45: eigenen Persönlichkeit auseinanderzusetzen? Auf jeden Fall. Ich kann mir zum Beispiel überlegen,

00:20:50: was sind denn eigentlich meine Stärken, meine Talente, was zeichnet mich aus und wie kann ich davon im

00:20:57: Alltag mehr profitieren? Wie kann ich gerade diese Kompetenzen noch weiter ausbauen? Wie kann ich

00:21:02: mein Leben auch so gestalten, dass gerade diese Kompetenzen zur Geltung kommen, dass ich die

00:21:07: sinnvolle Einsätze und weiter entwickeln kann? Was empfiehlst du denn Menschen, die sich damit jetzt

00:21:13: stärker auseinandersetzen wollen? Wo können sie ansetzen? Zum Beispiel könnten sie mein Buch lesen,

00:21:18: woran wir wachsen. Da geht es um Persönlichkeitsmerkmale, was Menschen mit hohen oder geringen

00:21:25: Ausprägungen darin auszeichnet. Genau. Also ich denke, da gibt es sehr, sehr viel Literatur,

00:21:29: auch für Nichtpsycholog*innen, wo diese Dinge sehr anschaulich beschrieben werden. Dann kann man aber

00:21:36: auch mal einfach seine Freunde oder Familie fragen, Mensch, wie seht ihr mich eigentlich? Denn wir

00:21:41: selbst haben häufig ein sehr verzehrtes, subjektives Bild von uns selbst. Ist ja klar, ich

00:21:46: mein, wir erleben uns tagtäglich und für uns sind wir ja der Referenzpunkt, dass normal und andere

00:21:52: Menschen von außen können. Das häufig sehr viel klarer sehen, viel besser einordnen. Und das

00:21:57: kann ganz spannend sein, einfach mal nahestehende Personen zu fragen, Mensch, wie seht ihr mich denn?

00:22:01: Was würdet ihr sagen, sind meine Kernkompetenzen? Das empfehle ich auch immer wieder. Feedback ist

00:22:07: total hilfreich, um blinde Flecken einfach sichtbar zu machen, die wir über uns selbst haben. Eva,

00:22:13: vielen Dank, dass du die Forschungsergebnisse und Erkenntnisse mit uns geteilt hast. Dein Buch,

00:22:18: "Woran wir wachsen", verlinke ich auch in den Shownotes. Und wer sich mit dir vernetzen möchte,

00:22:22: kann das auf Link intun. Auch das werde ich in den Shownotes verlinken. Vielen Dank für deine

00:22:27: Zeit, dass du dein Wissen mit uns geteilt hast und alles Gute für dich. Das war eine spannende

00:22:37: Folge mit Frau Prof. Dr. Eva Asselmann. Besonders spannend fand ich, dass unsere Persönlichkeit

00:22:43: wirklich nicht statisch ist, sondern sich weiterentwickeln kann. Dass es natürlich gewisse

00:22:47: Dinge gibt, die genetisch auch bedingt sind, die in unserer Persönlichkeit festgeschrieben sind,

00:22:52: aber dass es ganz viele andere Faktoren gibt, die auch dadurch beeinflusst werden,

00:22:56: in welchem Umfeld wir sind und dass wir uns mit dem Umfeld auch verändern können und auch anders

00:23:01: Umfeld anpassen können. Und das würde ich nur mal so eine wichtige Erkenntnis, weil es auch heißt,

00:23:07: dass wir genau aussuchen sollten, in welches Umfeld wir gehen, in welches Umfeld wir uns hinein

00:23:12: begeben, weil es uns beeinflusst, weil es unsere Persönlichkeit verändern kann. Man sagt ja auch,

00:23:18: du bist ein Querschnitt aus den fünf Menschen, mit denen du dich am häufigsten begibst und das

00:23:23: zählt, scheinbar eben auch für das Umfeld, auch das berufliche Umfeld. Und deswegen sollten

00:23:28: wir genau überlegen, wo wir arbeiten. Auf der anderen Seite finde ich aber der positive Aspekt daran

00:23:33: ist auch, dass wir uns schon auch anpassen können und dass unsere Persönlichkeit sich auch

00:23:38: eingliedern kann, anpassen kann an die Umstände, nicht in allen Punkten immer. Eva hatte das gesagt,

00:23:43: dass es eher eine kleine Range ist, in der die Anpassungen dann stattfindet auch, aber das

00:23:48: wie ihr uns eben auch an Gegebenheiten anpassen können und dadurch dann auch zufriedenheit

00:23:53: darin finden könnt. Ich hoffe, dir hat die Folge gefallen. Wenn dann abonniere gerne

00:23:57: meinen Podcast und hinterlass auch gerne eine Bewertung. Ich freue mich, dich in der nächsten

00:24:02: Woche an dieser Stelle wiederzutreffen und bis dahin wünsche ich dir alles Gute, dein Janik.

00:24:08: [Musik]

00:24:11: Copyright WDR 2021

00:24:13: * Musik *