Endlich erfüllt arbeiten - Dein Podcast für Karriere und berufliches Ankommen

Transkript

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00:00:00: Hallo und herzlich willkommen zu Kopfherz Erfolgt, dein Podcast für eine erfüllte Karriere.

00:00:13: Mein Name ist Janike und wenn du unzufrieden in deinem Job bist und dich auf die Suche

00:00:18: nach beruflicher Erfüllung machen möchtest, dann bist du hier in diesem Podcast genau

00:00:22: richtig.

00:00:23: Heute habe ich einen Gast für dich eingeladen, wenn es dir nämlich so geht wie mir hin und

00:00:28: wieder mal und du dich sehr gestresst fühlst durch die ganzen Krisen, die es in dieser Welt

00:00:32: gibt und es dir hin und wieder mal schwer fällt, deinen Optimismus zu bewahren und deine

00:00:37: Zuversicht zu bewahren, dann solltest du dir diese Folge unbedingt anhören.

00:00:41: Zu Gast ist nämlich Professor Dr.

00:00:43: Volker Busch, er ist Neurologist, Psychiater und Wissenschaftler und hat gerade einen Buch

00:00:48: zu diesem Thema geschrieben, Kopf hoch nennt es sich und er beschreibt in diesem Buch und

00:00:53: auch in diesem Podcast heute, was wir tun können, um unser mentales Immunsystem zu stärken

00:00:58: und uns gesund zu erhalten.

00:00:59: Ich habe mich aus persönlichen Gründen sehr auf dieses Gespräch gefreut und bin mir sicher,

00:01:04: dass du ganz viele praktische Tipps und inspirierende Gedanken mitnehmen wirst, also mach es dir

00:01:08: bequem und lass uns gemeinsam herausfinden, wie wir unseren Kopf hochhalten können, trotz

00:01:14: aller Herausforderungen.

00:01:15: Viel Freude wünscht dir deine Janike.

00:01:17: Volker, herzlich willkommen, schön, dass du heute mein Gast bist.

00:01:26: Ja, ich freue mich auch sehr.

00:01:27: Danke für die Einladung.

00:01:28: Lass uns gleich über eine zentrale Idee von einem neuen Buch sprechen, und zwar über

00:01:33: das mentale Immunsystem.

00:01:34: Wie funktioniert das genau?

00:01:36: Das ist nur ein Sprachbild, mit dem ich versuche, so etwas Komplexes wie Widerstandsfähigkeit

00:01:42: gegenüber Belastungen klarzumachen.

00:01:45: Und das Bild der Resilienz, was wir alle kennen und nutzen, hat enge Grenzen hierfür, weil

00:01:52: der Mensch ja anders als ein Objekt in der Bauphysik nicht über sein ganzes Leben lang

00:01:58: in der gleichen Widerstandsfähigkeit verbleibt, sondern sich verändert.

00:02:02: Wenn wir älter werden, je nachdem, was wir für Menschen kennenlernen, welche Krisen

00:02:06: wir durchmachen, all das verändert uns und auch unsere Widerstandsfähigkeit.

00:02:10: Also das, was wir Resilienz nennen, ist nicht so statisch, wie wir glauben, sondern es

00:02:15: ist ein hochdynamisches Konstrukt.

00:02:17: Und das kann man mit einem Immunsystem viel besser vergleichen, denn auch unser Immunsystem

00:02:21: startet noch sehr schlecht und gibt nur so ein paar Grundfähigkeiten, Bakterien und

00:02:26: Viren abzuwehren.

00:02:27: Und je älter wir werden, desto besser können wir Krankheitserreger abwehren, desto kompetenter

00:02:31: werden wir.

00:02:32: Immunkompetenz, den Begriff kennen wir wahrscheinlich unsere Zuhörerinnen und Zuhörer.

00:02:36: Das heißt, wir wachsen.

00:02:37: Und das passiert und das ist die gute Nachricht auch bei Krisen.

00:02:40: Unser mentales Immunsystem wird stärker und das zeigt, dass wir Fähigkeiten entwickeln,

00:02:47: wenn wir Krisen durchleben.

00:02:48: Dass wir wissen, auf was wir im Leben vertrauen können oder wer uns unterstützt, wer uns

00:02:53: die Hand reicht.

00:02:54: Wenn man Menschen verfolgt, die unter Krisen leiden, das sind ungefähr fünf Stück im

00:02:59: Leben, also schwere Krisen, dann sehen wir, dass sie in der Regel im Laufe des Lebens gelassener

00:03:04: damit umgehen.

00:03:05: Weil das mentale Immunsystem, ich greife das hier auf, stärker wird und wir immunkompetenter

00:03:10: werden im Umgang mit dem, was uns von außen belastet.

00:03:14: Und das ist eigentlich eine gute Nachricht.

00:03:16: Ich beschreibe in dem Buch Kopf hoch, welche Möglichkeiten es gibt, dieses mentale Immunsystem

00:03:20: zu stärken, damit wir durch Krisen nicht schwächer werden, sondern eigentlich daran wachsen.

00:03:25: Das erinnert mich an das, was du in deinem Buch beschreibst und zwar den Punkt über

00:03:31: posttraumatisches Wachstum.

00:03:32: Du sagst ja, dass wir aus Krisen durchaus gestärkt hervorgehen können.

00:03:35: Ich glaube, das wissen wir auch alle.

00:03:37: Und gleichzeitig beobachte ich, dass es doch Unterschiede gibt, wie man mit Krisen umgeht

00:03:41: und ob man gestärkt herausgeht oder auch nicht.

00:03:44: Weil es ist ja nicht zwangsläufig so, dass wir durch eine Krise wachsen.

00:03:47: Was führt dazu, dass wir gestärkt aus einer Krise hervorgehen und die gut verarbeiten

00:03:51: können?

00:03:52: Entscheidend dafür ist, dass wir die Herausforderung bewältigen.

00:03:56: Entweder aus eigener Stärke heraus oder weil uns jemand unterstützen unter die Arme greift.

00:04:02: Aber die Bewältigung der Situation ist entscheidend dafür, ob wir aus einer Krise gestärkt

00:04:08: rausgehen oder an ihr zerbrechen.

00:04:10: Und deswegen ist seine Beobachtung völlig richtig.

00:04:12: Und das finde ich auch sehr, sehr gut, dass du es so sensibel ansprichst, dass man eben

00:04:16: nicht garantieren kann, dass Menschen unter Krisen automatisch stärker werden.

00:04:21: Es gibt ja so ein berühmtes Bormo von Nietzsche, der mal gesagt hat, was mich nicht tötet,

00:04:25: macht mich stärker.

00:04:26: Das ist totaler Unsinn.

00:04:28: Wenn das so wäre, dann gäbe es ja keine posttraumatischen Belastungsstörungen.

00:04:32: Menschen, die nach Kriegserfahrung, nach Vergewaltigungen, nach schwersten Kränkungen oder anderen heftigen

00:04:39: Live-Events, wie wir sagen, am Boden zerstört sind und therapeutische Hilfe brauchen.

00:04:44: Also leider ist es nicht so, dass jeder automatisch stärker wird, wenn er ein schweres Schicksal

00:04:49: erlebt.

00:04:50: Aber wenn man eben Hilfe bekommt oder man sich selber helfen kann und die Situation klären

00:04:55: kann und auch etwas lernt aus dem Tiefschlag, den man erfahren hat, dann kann es einen

00:05:01: Growth, also dieses Wachstum, in Gang setzen.

00:05:03: Und das führt im besten Fall dazu, dass wir tatsächlich im Laufe des Lebens auch immer

00:05:09: kompetenter mit Belastungen umgehen.

00:05:12: Ich habe das in meiner Geschichte auch so wahrgenommen.

00:05:15: Ich habe eine Krise gehabt, als ich 27 war.

00:05:19: Mein Vater ist krank geworden und auch an dieser Krankheit verstorben.

00:05:21: Und bei mir hat es dazu geführt, dass ich wirklich alles auf links gedreht habe, meinen

00:05:25: Job vorlassen, habe meine Wohnung gekündigt, habe mein Besitz verkauft.

00:05:28: Also ich habe wirklich alles einmal auf Null gesetzt.

00:05:31: Nicht alles, aber fast alles.

00:05:32: Und bei mir hat das zu einer kompletten Neuausrichtung geführt.

00:05:35: Und danach kam auch wieder einige Krisen.

00:05:38: Aber ich konnte anders damit umgehen.

00:05:39: Also es hat mich nicht mehr so sehr aus der Bahn geworfen, wie die erste Großkrise tatsächlich.

00:05:46: Und deswegen kann uns das einfach auch voranbringen oder auch viele Dinge verändern.

00:05:51: Und was ich auch so wahrgenommen habe in der Corona-Pandemie, was ich so als gesellschaftliche

00:05:55: Krise auch bezeichnen würde, dass da viele in diesen Krisenmodus gekommen sind.

00:06:00: Und es da natürlich auch Potenzial gab, für sich etwas zu verändern.

00:06:03: Da ist natürlich die Frage, welches Umfeld hat man auch und ist man dem gewachsen, da

00:06:08: herauszukommen.

00:06:09: Ja und vor allem welche Bereitschaft bringt man mit, das Geschehene auch wirklich zu integrieren

00:06:15: in einen Zusammenhang.

00:06:16: Also ich will ein Beispiel geben.

00:06:18: Wir können das sowohl privat als auch bezogen auf die Arbeitswelt durchaus mit einem Beispiel

00:06:22: versehen.

00:06:23: Wenn ich von meiner Partnerin verlassen werde, also ich hoffe, es ist nicht der Fall und

00:06:27: sie liebt mich noch.

00:06:28: Ich würde mir das vorrausgesetzt, es wäre so.

00:06:30: Dann könnte ich rein theoretisch in Leben lang auf sie böse bleiben und die Schuld bei

00:06:34: ihr suchen und gekränkt durch die Welt gehen.

00:06:37: Dann würde ich mich davon mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit nicht erholen.

00:06:41: Im Gegenteil, ich würde vielleicht sogar zukünftige Beziehungen immer unter dieser Überschrift

00:06:45: leben.

00:06:46: Du bist prinzipiell nicht fähig eine Beziehung zu führen und du kannst verlassen werden und

00:06:51: es kann morgen schon wieder aus sein.

00:06:53: Wenn ich das aber integriere, wenn ich verstehe, warum das passiert ist, wenn ich auch einen

00:06:59: Teil der Schuld bei mir finde und das einordnen kann, mir erklären kann, dann kann ich es

00:07:06: überwinden, weil es einen sinnvollen Zusammenhang bekommt.

00:07:09: Wir sprechen von Kohärenz in der Psychologie und dieses Gefühl der Verstehbarkeit, das

00:07:14: ganz entscheidend, um Krisen zu bewältigen.

00:07:17: So bisschen ähnlich wie wenn ein Mensch Schmerzen hat und weiß nicht woher sie kommen, dann

00:07:21: ist das viel schwerer als wenn ganz klar an den Grund weiß, warum es schmerzt von mir

00:07:25: aus ein Loch entzahnt.

00:07:26: Dann kann man es leichter bewältigen.

00:07:28: Also den Grund, die Verstehbarkeit, dieses Kohärenzgefühl ist unheimlich wichtig.

00:07:33: Das gilt interessanterweise auch im Arbeitsleben.

00:07:35: Wenn ein Unternehmen ein Kunde wegbricht oder ein Projekt schiefläuft und man leidet darunter,

00:07:41: weil irgendwie Personal entlassen werden muss, weil finanziell der Segen schief hängt, dann

00:07:47: ist es ganz wichtig, dass das Unternehmen das auch auf einer politischen Ebene integriert,

00:07:54: es verstehbar macht, es als Teil eines Prozesses sieht, der zu einer Entwicklung führt.

00:08:00: Und wenn man Schicksalsschläge oder Rückschläge in diesem Kontext einordnen kann, dann hilft

00:08:06: es allen Beteiligten darüber hinweg zu kommen.

00:08:08: Das ist ein ganz entscheidender Punkt.

00:08:10: Also man darf die Sachen nicht wegschieben, verdrängen, sondern man muss sie annehmen,

00:08:14: eingehen, sich angucken, warum ist das passiert, dem eine Bedeutung abgewinnen und etwas lernen

00:08:20: für die Zukunft.

00:08:21: Das hilft uns Krisen zu bewältigen.

00:08:23: Lass uns noch ganz kurz über die Schuldthematik sprechen.

00:08:26: Nicht immer gibt es ja einen Schuldanteil.

00:08:28: Manchmal passiert ja auch etwas, wo wir absolut keinen Einfluss drauf haben.

00:08:32: Schicksalsschläge oder Corona-Pandemie, keine Ahnung.

00:08:34: Ich persönlich hatte sicher keinen Anteil daran, würde ich jetzt mal so behaupten.

00:08:38: Also ich bin mir nicht sicher einfach nur, um das nochmal ganz sensibel zu formulieren.

00:08:42: Nicht immer gibt es die Schuldfrage zu stellen, sondern eher, ich glaube, was du auch meinst.

00:08:47: Die Begründung.

00:08:48: Die Begründung, ja.

00:08:49: Und ich habe dann letztes Jahr mit jemandem auch darüber gesprochen.

00:08:53: Da ging es auch um einen Schicksalsschlag und diese Person hat gesagt, ich kann denen

00:08:56: keinen Sinn abgewinnen.

00:08:58: Ich kann da keinen Sinn daraus generieren.

00:08:59: Und gleichzeitig weiß ich das auch aus der Sinnforschung, dass es ganz wichtig ist,

00:09:04: irgendwann das für sich einzuordnen, auch wenn es unvorhergesehen passiert, ohne Zutun

00:09:10: passiert, ohne Einflussmöglichkeiten.

00:09:12: Bei Begründung geht es nicht darum, ihm den Dingen, die uns passieren, metaphorisch einen

00:09:17: höheren Sinn abzugewinnen, angefangen von Gottes Willen, über irgendwelche Mächte,

00:09:22: die uns leiten.

00:09:23: Das ist nicht der Punkt.

00:09:24: Wobei das mit ein Grund dafür ist, warum Menschen in Krisen sich der Religion zuwenden.

00:09:29: Weil die Religion Antworten gibt auf Fragen, die sie insgeheim stellen.

00:09:33: Also der Mensch hat immer einen besonderen Wunsch nach Kohärenz und nach Sinn, insbesondere

00:09:38: in Krisen.

00:09:39: Aber das ist gar nicht das, was ich in allererster Linie meine.

00:09:42: Es reicht schon eine Begründung.

00:09:43: Wenn ich verlassen werde oder eine Beziehung geht kaputt, das war ja das Beispiel von eben,

00:09:47: und kann mir erklären, warum es dazu kam.

00:09:50: Hier geht es nicht um Schuld, hier geht es um Begründung.

00:09:53: Dann ist es leichter.

00:09:54: Der Mensch ist zwar kein rationales Wesen, aber er ist ein rationalisierendes Wesen.

00:09:58: Das heißt, wir sind hungrig nach kausalen Erklärungen.

00:10:02: Wir wollen verstehen, was, warum, wie passiert.

00:10:04: Und dabei spielt keine Rolle, ob diese Begründungen stimmen, ob sie uns jemand beweist, ob eine

00:10:09: Evidenz dafür vorlegt.

00:10:10: Sondern entscheiden ist nur, ob wir sie für uns als stimmig erklären.

00:10:16: Und auch bei Corona, das war das Beispiel, was du nanntest, geht es nicht darum, wer

00:10:20: Schuld hat an dem Coronavirus.

00:10:22: Da kann man lange suchen, den wird man wahrscheinlich nicht finden.

00:10:25: Aber wenn ich verstanden habe, warum es in einer globalen Welt, die derzeit immer mehr

00:10:29: in die Lebensräume von Tieren eindringt und dadurch den Mensch in Kontakt bringt mit

00:10:34: Viren, vor der er 500 Jahren noch keinen Kontakt hatte, dann verstehe ich, warum das

00:10:39: passiert ist.

00:10:40: Und das hilft mir bereits, sozusagen der Welt nicht ganz so ausgeliefert zu sein.

00:10:44: Das sind ganz wichtige Prinzipien.

00:10:46: Und wir haben es ja auch leider, ich bleibe gerne bei dem Beispiel der Corona-Pandemie

00:10:50: gesehen, dass, wenn Menschen dafür sehr anfällig sind, auch übelen Verschwörungstheorien

00:10:55: sehr, sehr schnell an Heim fallen.

00:10:56: Weil der Wunsch nach Kausalität, der Wunsch nach Erklärung so groß ist, dass sie sogar

00:11:01: manchmal schwach sind, glauben.

00:11:02: Hauptsache, sie haben eine Erklärung.

00:11:04: Also das zeigt, wie wichtig es ist, dass ein Mensch sich sozusagen Dinge erzielen.

00:11:09: Wir erklären keinen, die um einen herum passieren.

00:11:11: Dann kann er sie besser verwenden, auch wenn es totaler Unsinn ist.

00:11:14: Und deswegen versuche ich immer mit meinen Patienten, die in Krisen zu mir kommen, die

00:11:17: Psychiatrie ist ein Krisenfach.

00:11:19: Wir machen ja nichts anderes von morgens bis abends.

00:11:22: Immer versuchen mit den lieben Betroffenen, die Dinge einzuordnen.

00:11:26: Was bedeutet das?

00:11:27: Was lerne ich daraus?

00:11:28: Warum könnte es passiert sein?

00:11:29: Und wie gehe ich damit um?

00:11:31: Was bedeutet das für mein zukünftiges Leben?

00:11:33: Das hilft Betroffenen wahnsinnig.

00:11:35: Weil es die Sachen anders einordnet, man ist weniger hilflos und befreit sich aus dem Gefühl

00:11:40: der Ohnmacht.

00:11:41: Jetzt hast du da ein neues Buch für Menschen geschrieben, die keine psychische Erkrankungen

00:11:47: haben, aber dennoch sich psychisch instabil fühlen oder belastet fühlen, sag ich mal.

00:11:53: Und ehrlich gesagt geht es mir auch immer mal wieder so, dass in Zeiten dieser echt

00:11:59: schlechten Nachrichten, die immer wieder auf uns einprasseln und eine Krise jagt die nächste,

00:12:04: dass es mir schwer manchmal fällt, da positiv zu bleiben.

00:12:08: Und ich habe für mich persönlich aufgehört, Nachrichten zu schauen und denke mir aber

00:12:13: auch, das kann ja eigentlich auch keine Lösung sein, weil eigentlich möchte ich auch wissen,

00:12:16: was in der Welt passiert.

00:12:17: Und ich habe da noch nicht so einen smarten Umgang mitgefunden.

00:12:20: Was würdest du tun?

00:12:21: Das ist schön, was du sagst und wie du es beschreibst, weil so geht es viel, ein kleines

00:12:25: bisschen mir auch.

00:12:26: Und ich glaube auch, dass es keine Lösung ist, irgendwie den Fernseher vom Balkon

00:12:29: zu schmeißen oder die Zeitung abzubestellen, denn Informationen sind ja etwas sehr wichtiges.

00:12:34: Wir brauchen ja Informationen, auch im Arbeitskontext, Unternehmer, Führungskräfte oder auch

00:12:38: Mitarbeiter brauchen Informationen.

00:12:40: Der Mensch will ja wissen, was Sache ist, um rechtzeitig auch steuern und gestalten

00:12:45: zu können.

00:12:46: Also ich weiß, dass es immer sehr bequem ist zu denken, okay, ich igel mich ein und

00:12:50: isoliere mich und dann kann mir nichts passieren.

00:12:52: Das halte ich für keine probate Lösung.

00:12:55: Wir müssen stattdessen mit Informationen umgehen lernen.

00:12:58: Ich habe in einem Interview das mal digitale Pubertät genannt, in der wir derzeit alle

00:13:02: sind.

00:13:03: Das heißt, wir müssen erst noch lernen, damit umzugehen.

00:13:06: Das hat uns so schnell überrollt, wie Gefühle einen pubertierenden Jugendlichen überrollt.

00:13:10: Wer auch erst mal zwei Jahre lernen muss, damit umzugehen.

00:13:13: Und so glaube ich ist es hier auch.

00:13:15: Wir haben eine unfassbare Menge an Informationen mit einem Zuwachs von 2,5 Prozent jedes Jahr

00:13:23: und verhältnismäßig kleine Kapazitäten im Gehirn, damit umzugehen.

00:13:28: Und das müssen wir lernen.

00:13:30: Und ich versuche in dem Buch ein paar Möglichkeiten zu beschreiben.

00:13:32: Vielleicht kurz starkatoartig ein paar Tipps daraus, die Zeit in jedem Fall zu begrenzen.

00:13:40: Also sie nicht auf Null zu fahren, sondern auf ein bis zwei Stunden.

00:13:44: Denn Studien zeigen, dass ab 120 Minuten die Wahrscheinlichkeit rapide ansteigt, dass

00:13:50: wir emotional nachhaltig beeinflusst werden.

00:13:54: Also Stimmungen wie Hass, Pessimismus oder auch Hilflosigkeit deutlich wahrscheinlicher

00:14:00: werden ab dieser Zeit.

00:14:02: Also Begrenzung statt Verzicht.

00:14:04: Zweitens, dass man Qualitätsjournalismus konsumiert, den wir Gott sei Dank in Deutschland,

00:14:11: hier würde ich gerne eine Landse brechen für unsere Medienlandschaft, immer noch haben.

00:14:15: Also ich möchte mit Fox News in den USA nicht tauschen.

00:14:18: Und ich möchte auch kein russisches Staatsfernsehen sehen.

00:14:20: Ich glaube, wir haben immer noch, auch wenn wir oft zurecht schimpfen und meckern, immer

00:14:24: noch ein verhältnismäßig gute Landschaft an Presse.

00:14:28: Und wenn wir uns überlegen, dass stattdessen heutzutage durch TikTok und andere Social

00:14:34: Media Kanäle bei Jugendlichen beispielsweise 70, 80 Prozent des kompletten Tagesgeschehens

00:14:40: nur noch über Fast Food Informationen aufgenommen wird, dann ist das schon bedrohlich.

00:14:45: Ich kann so komplexe Dinge wie Palästina und Israel nicht in 30 Sekunden Videos konsumieren.

00:14:51: Das wird der Sache nicht gerecht.

00:14:53: Dafür brauche ich gute Hintergrundinformationen mit Pro und Kontra, die Perspektiven darstellen,

00:15:00: nur dann kann ich das einigermaßen verstehen.

00:15:03: Und jetzt kommt der entscheidende Punkt, nur dann kann ich es auch einigermaßen emotional

00:15:07: verdauen, damit ich es eben nicht in der Nacht verarbeite oder es mich nicht pessimistisch

00:15:13: stimmt.

00:15:14: Ich brauche einen guten Einord, ich brauche einen Kontext, das wäre sozusagen der zweite

00:15:17: Ratschlag.

00:15:18: Und der dritte Ratschlag wäre unbedingt darauf zu achten, dass man den Tag immer mit etwas

00:15:25: gutem abschließt.

00:15:27: Und das ist vielleicht nicht eine reißerische Talkshow oder schlimme Nachrichten mit Katastrophenmeldungen

00:15:33: um 11 Uhr, sondern vielleicht was Lustiges, ein leichter Roman, was kreatives Basteln,

00:15:38: gutes Gespräch, Humor, was einem immer Freude macht, denn Studien zeigen uns, dass das

00:15:44: letzte am Tag unser Gehirn mit in die Nacht nimmt und entscheidend beeinflusst, wie erholsam

00:15:51: der Schlaf ist.

00:15:52: Und das ist etwas, was man zumindest steuern kann.

00:15:55: Das sind so ganz, ich habe jetzt nur so drei Tipps genannt, ich habe ganz viele in dem

00:15:59: Buch, was man tun kann in dieser Welt, die eben nur mal leider so ist, wie sie ist,

00:16:03: um pfleglicher mit den vielen Informationen umzugehen.

00:16:06: Kann ich sehr gut bestätigen, schlafe es bei mir so ein Thema, wir haben ja zwei kleinere

00:16:10: Kinder und da kommt es öfter mal zu kurz, aber wenn es mir wirklich echt nicht so gut

00:16:15: geht, dann achte ich da explizit drauf.

00:16:18: Und dann automatisch, fast würde ich sagen, kommt so eine Routine, dass ich nur noch Hörbücher

00:16:23: höre abends, also nicht zwar im Fernsehen, sondern irgendwie tolle Geschichten.

00:16:26: Es muss auch nur positiv sein.

00:16:29: Und ich merke unmittelbar ein paar Tage solche Abendroutinen und meine Stimmung ist eine

00:16:36: ganz andere.

00:16:37: Finde ich so schön, was du sagst mit den zwei kleinen Kindern, dann bist du, ich weiß nicht,

00:16:41: wie alt sie sind, wahrscheinlich noch in dem Vorteil, dass du deinen Kindern Geschichten

00:16:45: vorlesen darfst.

00:16:46: Nachts, meine Kinder verdrehen schon die Augen, wenn ich es vorschlage, dass sie schon zu alt

00:16:50: sind.

00:16:51: Aber ich erinnere mich da immer gern daran zurück, als es noch so war.

00:16:54: Und da war es ja auch so, dass die Geschichten immer gut endeten, stimmt's?

00:16:58: Und selbst wenn sie die Märchen zwischendurch mal etwas grausam waren, Brüder Grimm ist

00:17:03: ja nun auch nicht immer nur Friede, Freue Eierkuchen gewesen, dann konnten das Kinder durchaus

00:17:07: verdauen, wenn es gut endete und wenn verstehbar war, was passierte, wenn es einen Grund gab.

00:17:13: Wir sind wieder bei dem, was wir anfangs besprachen für das, was sich ereignete.

00:17:17: Und wenn das Ganze in eine sinnvolle, coherente Geschichte eingebunden war, die plausibel,

00:17:22: verstehbar war und wirklich zu einem guten Ende kam.

00:17:26: Und das machen Medien eben nicht unbedingt zwangsläufig und Fernsehen leider auch nicht,

00:17:32: weil es ja, wie wir alle wissen, oft eher darum geht, uns zu emotionalisieren und zu

00:17:36: stimulieren, als uns wirklich beruhigt ins Bett zu bringen.

00:17:39: Und wenn wir uns selber als Erwachsene daran zurück erinnern, wie wir das als Kinder geschafft

00:17:44: haben, mit guten Geschichten besser ins Bett zu gehen, dann sollten wir uns eigentlich

00:17:48: in unserem Alter daran zurück erinnern und das eigentlich genauso handhaben.

00:17:51: Ja, absolut.

00:17:52: Mein Sohn hat neulich auf dem Spielplatz eine gruselige Geschichte gehört von einem Mann,

00:17:57: der da war, ein anderer Vater und hat echt eine supergruselige Geschichte erzielt und

00:18:01: das hat ihm Tage beschäftigt.

00:18:02: Und dann brauchen wir auch echt andere Enden für diese Geschichte, um das wieder ins Lod

00:18:06: zu bringen.

00:18:07: Und das Schöne ist ja, und hier dürfen wir ruhig ein bisschen zuversichtlich sein, viele

00:18:11: Geschichten da draußen beginnen möglicherweise schrecklich, weil sich etwas verändert, weil

00:18:16: etwas kaputt geht, weil etwas zerstört wird, weil Menschen grausame Dinge tun.

00:18:21: Aber ein Großteil davon endet ja auch positiv, weil wir sie gut zu Ende bringen, weil da draußen

00:18:28: Menschen rausgehen, die ihre Frau stehen, die ihren Mann stehen, die gestalten, die Dinge

00:18:33: verbessern jeden Tag.

00:18:34: Es berichtet nur niemand darüber, weil es einfach nicht so aufwühlt und weil sich das

00:18:38: schlechter verkauft.

00:18:39: Das heißt, mit schlechten Geschichten reißen wir unsere Wunden auf, medial, aber mit der

00:18:45: Heilung werden wir allein gelassen.

00:18:47: Wir erreichen so viel, jeden Tag in der Integrationspolitik, in der Schulpolitik, in der Gesundheitspolitik.

00:18:53: Wir sehen immer nur das Negative.

00:18:55: Und es ist wichtig, das Negative zu sehen.

00:18:57: Ich sage das nochmal ausdrücklich, nur dann können wir hier Dinge verändern.

00:18:59: Aber wir dürfen uns auch an die guten Dinge erinnern, die wir jeden Tag, die uns jeden

00:19:06: Tag gelingen und die wir auf politischer oder auf gesellschaftlicher Ebene schaffen.

00:19:11: Und das tun die Medien vielleicht nicht.

00:19:13: Es liegt nicht in ihrem Interesse, aber es sollte in unserem Interesse liegen.

00:19:17: Und deswegen mein Appell, sich öfter nochmal an die gut Nachtgeschichten von damals zu

00:19:22: erinnern.

00:19:23: Diesen Punkt sprichst du auch in deinem Buch an, "Die Zuversicht".

00:19:27: Und ich finde das sehr, sehr wichtig, weil ich habe neunig eine Umfrage gemacht zum

00:19:31: Podcast und da gab es so einen Feedback.

00:19:33: Du könntest manchmal ein bisschen positiver in die Zukunft blicken.

00:19:36: Also manchmal, wenn dann keine Ahnung, wie da irgendein Krieg ausprägt oder irgendwie

00:19:41: wirklich eine schlechte Nachricht kommt, dann habe ich das manchmal, dass mich das so runterzieht.

00:19:44: Und ich wünschte, es mir anders.

00:19:46: So, ich wünschte, ich könnte dann auch ein bisschen cooler mit umgehen oder gelassener,

00:19:50: wäre vielleicht das passende Wort oder, ich weiß es nicht, ausgeglichener.

00:19:53: Und gleichzeitig ist es halt im Moment noch nicht so, und ich arbeite dran und so weiter.

00:19:58: Aber was ich eigentlich sagen will, ist, dass ich weiß, wie wichtig es ist, die Zuversicht

00:20:02: zu bewahren, weil wir nur in der Zuversicht ja auch Dinge verändern können.

00:20:05: Und die Zukunft ist ja etwas, das wir gestalten können.

00:20:08: Wenn wir nichts machen und den Kopf in den Sand stecken, dann ist ja im Prinzip alles verloren.

00:20:12: Also es ist ja absolut keine Option, das so zu tun.

00:20:14: Ja, und ich glaube, dass das Gefühl der Gelassenheit, was du gerade ansprachst, hierfür gar nicht

00:20:19: zwingend notwendig ist.

00:20:21: Wenn wir auf alles, was in der Welt passiert, sozusagen extrem gelassen reagieren würden,

00:20:27: würden wir ja auch viele Dinge zulassen und eben nicht verändern.

00:20:30: Also Gelassenheit kann auch toxisch sein, um mal so einen neugrohitschen Begriff zu verwenden.

00:20:34: Ich will damit sagen, es ist in Ordnung, dass du dich störst an dem, was du hörst und

00:20:39: siehst und dass es dich betroffen macht, dass es dich in eine Unruhe versetzt.

00:20:43: Denn das ist eine Energie, die in dir ja auch etwas bewirken kann.

00:20:47: Ich sage es etwas, der Lob den Hintern hochzukriegen.

00:20:49: Deswegen ist mein Ziel ist gar nicht, dass wir eine achtsame Gesellschaft werden, die

00:20:54: jetzt alles buddhistisch weglächelt.

00:20:57: Damit ist uns glaube ich nicht geholfen.

00:20:58: Ich will stattdessen, dass wir uns von dem Negativen nicht so schnell anstecken lassen.

00:21:05: Es kommt das mentale Immunsystem wieder.

00:21:07: Informationen verhalten sich nämlich wie Viren.

00:21:09: Sie stecken uns an und sie machen uns krank.

00:21:12: Und ich will, dass wir Abstand gewinnen, damit wir uns nicht anstecken lassen.

00:21:17: Und jetzt kommt der entscheidende Punkt, damit wir handlungsfähig bleiben.

00:21:21: Ich will erreichen, das war mir auch mit dem Buch ananliegen, genauso wie es mir in der

00:21:25: Therapie ananliegen ist, Menschen immer zu befähigen, sich auf das möglich machbare

00:21:32: zu fokussieren.

00:21:33: Auch in Krisen.

00:21:34: Und das gibt es immer.

00:21:35: Ob eine Beziehung gerade schlecht ist, ich nenne das Beispiel nochmal, weil wir eben darüber

00:21:40: sprachen.

00:21:41: Ob im Beruf, im Betrieblichen, im unternehmerischen Kontext gerade eine Talsole durchschritten

00:21:47: wird oder auch auf ganz großer politischer Ebene, weil am Rande Europas ein Krieg herrscht,

00:21:52: von dem uns alle wünschen, dass er morgen zu Ende ist.

00:21:55: Immer gibt es Möglichkeiten zu gestalten.

00:21:57: Und unsere Gesellschaft täte es gut, sich nicht immer nur an dem aufzuhalten, was schlecht

00:22:02: ist und was vielleicht noch schlechter werden könnte, sondern ganz schnell sich auf das

00:22:07: möglich machbare zu fokussieren.

00:22:10: Manchmal ist die Stellstraube klein, manchmal ist sie größer.

00:22:12: Es geht nicht um Allmachtsfantasien, aber sie ist eben immer da.

00:22:15: Und das ist meine Aufgabe und meine Mission, meine große Leidenschaft, Menschen diese Stellstraube

00:22:21: in die Hand zu geben im Leben.

00:22:23: Und wenn wir alle an unserer Stellstraube drehen würden, dann wären wir zu unglaublich gut

00:22:28: im Ende der Lage.

00:22:29: Da bin ich überzeugt von.

00:22:30: Also das war so ein schöner motivierender Abschlusssatz, dass ich eigentlich gar nicht

00:22:34: noch weitere Fragen stellen würde, weil wir im Prinzip auch schon inhaltlich bei den Themen

00:22:39: waren.

00:22:40: Ich habe aber noch aus meiner Community Fragen bekommen, die ich an die stellen soll.

00:22:44: Und die würde ich gerne mal eigentlich weitergeben.

00:22:46: Oh, da setze ich mich besser mal hin.

00:22:47: Die erste Frage ist, warum hat die Natur erst so eingerichtet, dass wir uns so viele Gedanken

00:22:51: machen?

00:22:52: Für irgendwas muss das doch gut sein.

00:22:54: Ja, wir sind ja keine kopflose Wesen, die einfach nur reflexhaft reagieren, sondern wir

00:23:01: können unser Handeln ja in einen Kontext setzen.

00:23:04: Spätestens ab der Zeit, wo wir als soziale Wesen in Gruppen gemeinsam lernten zu leben,

00:23:11: mussten wir auch Verantwortung für unser Handeln übernehmen.

00:23:15: Es reicht ja nicht, einfach nur einem anderen mit der Keule den Schädel einzuschlagen.

00:23:18: Wir mussten ja solche Dinge beherrschen wie Empathie und alle Gefühle, die mit Einfühlung

00:23:25: zu tun haben, also Reue, Verantwortung, Skepsis, Dankbarkeit, Sorgen.

00:23:31: All das hat ja was Positives, weil es uns befähigt, nachhaltig zu handeln und nicht nur aus dem

00:23:38: Impuls heraus etwas zu machen, wo uns gerade der Sinn steht.

00:23:41: Also, dass wir uns einen Kopf machen, um es mal sozusagen, hat ein Vorteil.

00:23:45: Sonst könnte eine Mutter ihr Kind nicht erziehen oder ein Papa, sonst könnte eine Führungskraft

00:23:50: ein Team nicht leiten und ein Unternehmer sein Betrieb nicht leiten, ein Politiker vielleicht

00:23:55: so lange auch nicht gestalten.

00:23:57: Das alles hat ein Vorteil, ist aber eine Sache der Dosis.

00:24:00: Wenn wir zu viel reflektieren und nachdenken und gar nicht mehr rauskommen, dann kann es

00:24:06: uns auch lämen.

00:24:07: Dann pritt etwas ein, was wir Grübel nennen und dann ist es eher hinderlich.

00:24:11: Das heißt, die Kunst ist immer erst nachzudenken und dann zu handeln, aber jetzt kommt der

00:24:17: entscheidende Punkt mit dem Ziel zu handeln.

00:24:20: Das Denken alleine bringt nichts vorwärts in der Welt.

00:24:23: Das ist auch kein Ziel.

00:24:24: Denken hat kein Selbstzweck.

00:24:25: Es ist nur vorbereitend zur Handlung.

00:24:28: Also, so sollten wir das immer sehen.

00:24:30: Denken bereitet unser Handeln vor und hier hat es eine immense Macht an eine wichtige Aufgabe,

00:24:36: aber eben auch nicht mehr.

00:24:37: Das Wichtigste ist immer etwas zu tun, im Handeln zu bleiben.

00:24:41: Das macht uns glücklich und letztlich auch erfolgreich.

00:24:43: Die zweite Frage.

00:24:45: Können pessimistische Einstellungen auch krank machen?

00:24:48: Nicht unbedingt psychisch, sondern auch körperlich.

00:24:51: Können also pessimistische Einstellungen auch das Immunsystem schwächen?

00:24:55: Ja, absolut.

00:24:56: Die Trennung zwischen Psyche und Körper ist sowieso relativ alt hergebracht.

00:25:01: Das trennen wir gar nicht mehr so gerne, weil das, was wir Psyche nennen und das, was wir

00:25:05: Psyche Füßes nennen, also Seele und Körper, viel enger zusammengehört als man glauben

00:25:11: mag.

00:25:12: Und so wenn es all das, was uns mental belastet oder emotional belastet, findet auch meist

00:25:17: Ausdruck irgendeinerweise körperlich, dass wir Rückenschmerzen haben, dass wir Magen-Darm-Störungen

00:25:22: haben oder sonst irgendetwas.

00:25:23: So wenn die Frage ist sehr klug oder sehr gut beobachtet, kann ich mit einem klaren

00:25:28: Ja beantworten.

00:25:29: Pessimismus kann uns krank machen.

00:25:32: Insbesondere dann, wenn die Zuversicht verloren geht.

00:25:34: Darüber haben wir eben gesprochen.

00:25:36: Zuversicht macht depressiv.

00:25:37: Das ist das Kernsymptom einer Depression.

00:25:39: Man glaubt ja immer, das Wesen der Depression sei traurig zu sein.

00:25:43: Das ist nicht der Fall.

00:25:44: Das Wesen der Depression ist, dass Zuversicht verloren geht.

00:25:48: Also Menschen, die werden sie in die Zukunft blicken, nicht wissen, was wird werden, weil

00:25:53: sie sich so isoliert fühlen, einsam sind, dass sie glauben, nie wieder hat sie jemand

00:25:57: lieb.

00:25:58: Die werden depressiv.

00:25:59: Ein Gefängnisinsasse, der keine Aussicht darauf hat, in den nächsten 20 Jahren frei zu kommen.

00:26:05: Der wird häufig nicht immer, aber häufig depressiv.

00:26:08: Also immer dann, wenn die Zuversicht fehlt.

00:26:10: Und da sieht man das schon, was die Dame oder der Herr, ich weiß es nicht, gefragt hat.

00:26:14: Wenn wir zu stark pessimistisch sind und keine Sonne im wolkigen Himmel sehen, dann kann

00:26:21: uns Pessimismus depressiv machen und damit auch krank.

00:26:24: Und das zeigt sich dann mental, aber auch körperlich.

00:26:27: Eine weitere Frage, die ich auch sehr spannend finde, viel helfe ich anderen Menschen aus

00:26:31: der Pessimismus, Spirale herauszukommen.

00:26:34: Ich habe eine Freundin, die immer alles nur negativ und schlecht sieht und gefühlt keine

00:26:38: positive Einstellung oder Zuversicht hat.

00:26:40: Er strengt mich an, mich mit ihr zu unterhalten.

00:26:42: Das ist eine sehr schöne Frage, wie ich finde, weil sie auch einen ganz zentralen Punkt berührt,

00:26:48: den wir alle kennen.

00:26:49: Wir wollen Menschen gerne die Hand reichen und helfen, die sich mit dem Leben schwer tun.

00:26:54: Das kann ganz schnell nach hinten losgehen, weil die Erfahrungen haben bestimmt viele

00:26:58: schon gemacht.

00:26:59: Menschen, die pessimistisch sind, oft für Argumente gar nicht zugänglich sind.

00:27:04: Und wenn man dann zu viel, vielleicht sogar mit erhobendem Zeigefinger dasteht, dann führt

00:27:08: es eher dazu, dass man abblockt und sich weggduckt.

00:27:12: Man kann nicht auf Kommando optimistisch sein.

00:27:16: Insofern sind also alle Appelle, jetzt zieht es doch mal von der anderen Seite und schau

00:27:19: doch mal, oft zum Scheitern verurteilt.

00:27:21: Ich will nicht sagen, dass das generell in die Hose geht, es ist nur sehr schwer.

00:27:26: Deswegen würde ich empfehlen, einen anderen Weg zu gehen.

00:27:28: Ich würde, wenn die Person der Dame sehr am Herzen liegt, gar nicht so sehr auf argumentativer

00:27:34: Ebene arbeiten, also diskutieren, das versuchen rationell das Problem anders anzugehen, sondern

00:27:42: einfach die guten Dinge vorzuleben, mit ihr gute Zeit zu verbringen, viel zu lachen,

00:27:48: viel Neues kennenzulernen, in spannende Momente zu kommen, wo man ins Staunen gerät.

00:27:54: All diese Emotionen, Staunen, Spannung, Abwechslung, Freude lösen in uns ein Gegengewicht aus

00:28:04: zum Pessimismus.

00:28:05: Sie zeigen auf eine implizierte Ebene, also ohne dass man sich dessen bewusst ist, dass

00:28:10: das Leben mehr ist als nur negative Zukunftssicht.

00:28:14: Studien zeigen, je häufiger wir im Leben, im Alltag, in solche Momente kommen, desto

00:28:20: leichter fällt es uns, uns vom Pessimismus zu befreien, weil wir sehen, das Leben hat

00:28:24: doch noch ganz viele schöne Momente und ich kann mich auf dies freuen, ich kann mich auf

00:28:27: jenes freuen.

00:28:28: Also nochmal in einem Satz zusammengefasst, nicht so viel reden, argumentieren, sondern

00:28:34: mit ihr gemeinsame Zeit genießen und ihr beweisen, dass da draußen die Welt auf einwartet und

00:28:39: man sie miteinander erobern kann.

00:28:41: Das tut uns allen sehr gut und hilft den Pessimismus zu bewältigen.

00:28:44: Eine sehr, sehr schöne Empfehlung, wie ich finde.

00:28:47: Zwei Fragen habe ich noch.

00:28:49: Eine ist, wie kann ich Vorbild für meine Kinder sein, wenn ich selbst manchmal auf der pessimistischen

00:28:53: Seite unterwegs bin, aber meinen Kindern positive Einstellungen vorleben möchte?

00:28:57: Auch da finde ich, brauchen wir den Kindern gar nicht so sehr Einstellungen beibringen,

00:29:04: sondern einfach Dinge vorleben.

00:29:07: Die Einstellung kommt dann von alleine.

00:29:09: Es ist ein großer Fehler zu glauben, dass wir in unserem Betriebssystem gehören erst

00:29:14: eine Einstellung installieren müssten und danach könnten wir dann entsprechend positiv

00:29:19: handeln.

00:29:20: Es ist in Wahrheit genau umgekehrt.

00:29:22: Die Einstellung folgt dem Handeln.

00:29:25: Wenn ich selber etwas tue und erfolge, erlebe und merke, dass ich etwas Gutes erreiche,

00:29:30: bei mir oder meinen Mitmenschen, dann formt sich auch das Mindset.

00:29:33: Das heißt, das Mindset ist keine Vorausbedingung für gutes Handeln.

00:29:37: Es ist ein Ergebnisprozess des guten Handelns.

00:29:40: Um die Frage konkret zu beantworten, die die Dame stellt, die ein gutes Vorbild sein möchte,

00:29:45: damit hat sie die Antwort eigentlich schon vorweggenommen, fand ich sehr schön, den

00:29:48: Kindern einfach zeigen, vorleben, dass in jeder Situation Möglichkeiten bestehen, etwas

00:29:54: zu tun.

00:29:55: Und gleichzeitig kann man den Kindern auch sagen, du kannst aufhör, es kann sein, dass

00:29:59: ich trotzdem nicht erfolgreich bin und das ist nicht reicht.

00:30:02: Aber jeder, wir können gemeinsam versuchen, das zu bewerkstelligen, was in unserer Macht

00:30:07: steht und auf den Rest darf man hoffen.

00:30:09: Und wenn es nicht so kommt, wie erhofft, dann gibt es vielleicht einen Plan B.

00:30:13: Das einfach vorleben und nicht so sehr an der Einstellung rum doktern, sondern einfach

00:30:18: ein gelingendes Leben vorleben.

00:30:20: Und das Schöne ist, dass sich Kinder, zumindest bis zur Pubertät, hier sehr viel abgucken,

00:30:26: denn das hauptsächliche Lernen von Kindern ist ja Imitationslernen.

00:30:30: Das heißt, sie machen in 80 Prozent das nach, was Pappermama ihnen vormachen.

00:30:34: Und insofern haben wir da einen großen Einfluss, aber das läuft eben nicht viel über diskutieren,

00:30:40: sondern einfach übers Machen.

00:30:41: Volker, letzte Frage an dich, etwas persönlicher.

00:30:44: Und zwar, welchen Rat fass du an dein jungeres Ich?

00:30:48: Das ist eine schöne Frage.

00:30:51: Diese Zeit haben wir.

00:30:52: So viel wie du willst.

00:30:54: Nein, ich fass es kurz.

00:30:56: Mein Rat an mein jungeres Ich wäre, dass ich ein geliebtes Hobby nicht hätte aufgeben

00:31:03: sollen, das ich aber auf gab, weil ich dachte, dafür keine Zeit zu haben oder weil ich dachte,

00:31:11: Beruf, Karriere und Wissenschaft sei wichtiger als das, was mich im Herzen erfreut hat.

00:31:17: Das war die Musik.

00:31:18: Ich habe sehr lange professionell Musik gemacht und es auch fast studiert.

00:31:23: Es ist Gott sei Dank die Medizin geworden.

00:31:24: Ich bin auch sehr glücklich.

00:31:25: Ich bin mit aller Leidenschaft, Arzt, Wissenschaftler oder eben auch Buchautor und Speaker.

00:31:30: Aber da ist ein Hobby, habe ich geopfert, was mir leidtut.

00:31:34: Und da würde ich meinem Jüngeren ich sagen, das Leben besteht nicht nur aus der Hauptaufgabe.

00:31:40: Es hat viele Facetten und behaltet das Standbein bei.

00:31:44: Vielleicht etablier ich es aber neu.

00:31:46: Da formt sich gerade so ein Gedanke.

00:31:48: Mal schauen.

00:31:49: Vielleicht direkt unser schönes Interview dazu bei.

00:31:51: Und die schöne eingereichte Frage.

00:31:53: Vielen Dank auch noch mal dafür.

00:31:55: Volker, mich hat es total positiv gestimmt.

00:31:59: War ja ein bisschen auch zu erwarten fast bei dem Buchtitel und bei dem Inhalt.

00:32:04: Und gleichzeitig, ich kann nicht nur sagen, es hat gewürzt, es hat genutzt.

00:32:07: Ich schau mal, wie ich das implementieren kann, noch stärker.

00:32:10: Also wie gesagt, ich bin nicht grundsätzlich ein negativer oder pessimistischer Mensch.

00:32:13: Aber hin und wieder gibt es dann doch eben diese Momente.

00:32:15: Und jetzt weiß ich, was ich in diesen Momenten tun kann, um den Kopf hochzuhalten und zuversichtlich

00:32:21: in die Zukunft zu gucken.

00:32:23: Vielen Dank für deinen Besuch.

00:32:24: Freut mich sehr, war mir eine große Freude, dein Gast zu sein.

00:32:26: Danke.

00:32:27: [Musik]

00:32:33: SWR 2020